Der zweite Tag begann um 9 Uhr mit einem ausgiebigen Frühstück im Speisezimmer unserer Vermieter, das gehörte zum Service. Und was für ein Service! Auf dem Tisch stand ein großer Korb mit Brot und Brötchen, selbst gemachte Marmelade, Wurst, Käse und für jeden ein Frühstücksei. Weil wir nicht alles aufgegessen haben, war man besorgt, ob es nicht schmeckt und ob vielleicht Verhungerungsgefahr besteht. Aber eigentlich waren wir pappsatt und dachten eher besorgt an die engen Burggänge...
Für diesen Tag hatten wir noch nichts Konkretes geplant. Ein Besuch in Mainz stand zur Auswahl wurde aber schnell wieder verworfen. Spontan entschlossen wir uns nach Rüdesheim und zur Loreley zu fahren. Alles Weitere würde sich schon ergeben.
Um nach Rüdesheim zu kommen, mussten wir zunächst den Rhein queren. Da es zwischen Koblenz und Mainz keine Brücken gibt und der Umweg über diese Städte zu groß gewesen wäre, gab es nur eine Möglichkeit: Schwimmen! Weil das mit einem Auto etwas schwierig ist, haben wir schließlich eine Fähre überredet uns rüber zu tragen.
Rüdesheim liegt fast genau gegenüber von Bingen, der Weg dorthin war also recht kurz. Vom Schiff aus konnten wir zum ersten Mal einen Blick auf den berühmten Mäuseturm erhaschen ... und waren wenig beeindruckt. Sieht ja ganz nett aus, aber irgendwie hatten wir ihn uns größer vorgestellt. Na ja, am anderen Rheinufer angekommen, mussten wir erstmal Rüdesheim queren und fanden sogar etwas abseits einen kostenlosen Parkplatz. Am Ufer entlang spazierten wir zur Innenstadt zurück. Dabei passierten wir einige Anlegestellen für die berühmten Ausflugsdampfer. Nichts für uns, aber wir gehören wohl eh nicht zur Zielgruppe, die sich hauptsächlich aus Rentnern und Japanern zusammensetzt.
Rüdesheim selbst ist eigentlich ein nettes Städtchen, viele alte Fachwerkhäuser und überall kleinere und größere Türmchen, sehr charmant. Was aber ziemlich nervt ist die extreme Ausrichtung auf Touristen. In jedem zweiten Häuschen befindet sich ein Souvenirladen mit billigem und extrem kitschigem Ramsch. Höhepunkt war die legendäre Drosselgasse. Eigentlich eine sehr schöne, schmale Gasse mit gemütlichen Restaurants und natürlich urgemütlichen Weinlokalen. Oder besser gesagt, Lokale, die gemütlich wären, wenn dort nicht die mittelrheinische Variante von Ballermannmusik gespielt würde. *würg* Besonders kurios war ein Souvenirladen, der recht krasse Sadomaso-Teddiebärchen verkaufte. Welch nettes Mitbringsel von einem Urlaub im Rheintal!
Zwei Burgen gibt's auch noch in Rüdesheim. Zum einen die Brömserburg, ein ziemlich eckiger Klotz, nicht besonders schön, dafür wirken die Mauern besonders dick. Im Innern gibt's ein Weinmuseum, aber da wir keine Weintrinker sind und uns das ganze nicht soo sehr interessiert, sind wir nicht rein gegangen. Direkt hinter der Brömserburg liegt die Boosenburg, eigentlich nur ein mächtiger Bergfried mit einem im Vergleich sehr filigran wirkenden angebauten Herrenhaus. Sieht interessant und eigentlich ganz hübsch aus.
Direkt vom Stadtzentrum aus fährt eine Seilbahn mit kleinen, offenen Eiergondeln den Berg hinauf zum Niederwald-Denkmal. Von dort soll man eine wunderschöne Sicht haben und gut weiterwandern können zur nahe gelegenen Burgruine Ehrenfels. Hat uns aber nicht so sehr gereizt, wir fuhren lieber weiter in Richtung Loreley.
Um zur Loreley zu kommen, mussten wir erstmal ein ganzes Stückchen die schmale Uferstraße entlangfahren. Die Aussicht ist wirklich einmalig. Auf jedem Felsen steht eine Burg, hinter jeder Kurve taucht wieder eine neue auf. Was auf der Straße leider fehlt sind Parkbuchten, so hat man keine Chance anzuhalten und sich in Ruhe umzusehen und Fotos zu machen. Sehr schade.
In Kaub verließen wir die Uferstraße und schlugen uns durchs Hinterland Richtung Loreley. Steigungen von bis zu 18% ließen mich meine Hand etwas nervös auf die Handbremse legen, als Niederrheiner ist man es gewohnt, dass das Land flach ist, solch steile Straßen gibt's bei uns nicht.
Man sollte meinen, die Loreley ist ein beeindruckender Felsen, ein kleiner Berg, aber das ist sie nur von der Rheinseite aus, von "hinten" ist sie eher unauffällig. Dank der guten Beschilderung haben wir sie trotzdem gefunden. Das größere Problem war es, einen Parkplatz zu finden. Die Loreley war gut besucht und auf dem großen Feld davor fand scheinbar eine Art Bikertreffen statt. Entsprechend voll waren die recht wenigen Parkplätze. Nach 3 oder 4 Ehrenrunden wurde aber doch ein Plätzchen für uns frei.
Oben auf dem Fels steht ein kleines und sehr exklusives Restaurant, jedenfalls nach der Speisekarte zu urteilen. Die Aussicht über das Rheintal, das an dieser Stelle besonders eng und steil ist, war mal wieder klasse. Recht witzig, dass Rheinabwärts die beiden Burgen Katz und Maus gleichzeitig zu sehen waren. Leider zu weit entfernt für ein gutes Foto, aber wenigstens eine der beiden ist auf dem Bild zu erahnen.
Alles in allem gibt's aber interessantere Stellen am Rhein mit ähnlich schöner Aussicht. Die Loreley ist vermutlich von unten, vom Rhein aus schöner anzusehen.
Da die Burgen Katz und Maus aus der Ferne nicht so interessant aussahen, entschlossen wir uns, nicht weiter in diese Richtung zu fahren. Stattdessen wollten wir lieber die eine oder andere Burg besuchen, die wir auf dem Hinweg gesehen hatten. Unsere Reise führte uns also erstmal zurück nach Kaub und weil die Mittagszeit schon fast vorbei war, suchten wir uns dort ein gemütliches Restaurant. Wir entschieden uns für das "deutsche Haus", denn hier gab's Spaghetti zu einem guten Kurs und wie sich herausstellte waren die Portionen sehr groß und vor allem die Soße sehr, sehr lecker.
Weil die meisten Burgen am anderen Ufer standen, nahmen wir in Kaub erneut eine Fähre. Von dieser hatten wir einen schönen Ausblick auf die Burg Pfalzgrafenstein, die vor Kaub auf einer Insel im Rhein liegt. So langsam war mein Wagen leer gefahren, deswegen machten wir einen kurzen Abstecher nach Oberwesel zum Tanken. Hier säumten die Reisebusse gleich dutzendweise die Straßen, keine Ahnung was hier los war.
Auf dem Weg von Oberwesel nach Bingen erreichten wir Bacharach und entschieden uns spontan Burg Stahleck einen Besuch abzustatten. Also nach Wegweisern Ausschau halten... Aha, Burg Stahleck rechts ab. Nanu, plötzlich standen wir mit dem Auto vor einem sehr engen kleinen Stadttor. Dahinter war so etwas wie eine Fußgängerzone zu erkennen. Das konnte doch nicht richtig sein. Oder doch? Wie sich herausstellte war es richtig. Bacharach ist recht klein und eng, die Hauptstraße ist gleichzeitig auch Fußgängerzone. Hier muss man sich im Schritttempo durch die Touristen arbeiten und sich an parkenden Autos vorbeischlängeln. Durch ein zweites enges Stadttor verlässt man am anderen Ende die Stadt. Von dort führt eine schmale Bergstraße rauf zur Burg. Vor dieser kann man auf einem kleinen Grünstreifen am Straßenrand parken.
Schon von außen hebt sich Burg Stahleck durch die Kegelförmigen Dächer auf den Türmen deutlich von den anderen Burgen ab. Insgesamt ist sie sehr gut erhalten und gepflegt. Sie wird auch heute noch genutzt, aber nicht etwa als Museum, sondern als Jugendheim. Entsprechend war es auch die einzige Burg auf unserer Tour, für die wir kein Eintrittsgeld bezahlen mussten. Dafür ist aber auch die Einrichtung etwas moderner. Flipper und Spielautomaten sieht man sonst eher selten.
Der Burghof ist sehr schön und relativ groß. Die Burg präsentiert sich aus dieser Perspektive in einem hübschen Fachwerkstiel. Und die Aussicht über Bacharach und den Rhein war mal wieder wunderbar.
Von der Burg führt ein Wanderweg zurück nach Bacharach. Außerdem kann man vorne um die Burg herumlaufen und landet so mitten in den Weinbergen. Die sind vor allem unterhalb der Burg extrem steil und nur mit losem Schiefer bedeckt. In die Mauer oberhalb des Hangs sind deshalb mehrere Metallringe eingelassen, an denen sich die Weinernter anseilen können. Und natürlich gibt es Leute, die ausgerechnet an dieser Stelle ein paar Weintrauben probieren müssen. Vermutlich schmecken die Trauben am steilsten Hang auch am besten. Dabei hätte sich eine unserer Kameras beinahe unfreiwillig auf dem kürzesten Weg nach Bacherach begeben. Zum Glück blieb sie an einem Weinstock liegen.
Nach dem Besuch auf Burg Stahleck kam der fahrerisch spaßige Teil. Wenden am Hang. Eine schmale Straße, auf der einen Seite der Abgrund, auf der anderen Seite der Berg und ein paar geparkte Autos. Zu allem Überfluss war die Straße auch noch recht steil. Zum Glück hat mein Autochen eine gut funktionierende Handbremse!
Am Fuße des Berges stellten wir den Wagen wieder ab und gingen zu Fuß durch Bacharach. Eigentlich ein hübsches, kleines Städtchen. Sehr viele kleine Fachwerkhäuschen, viele bunte Blumen, enge Gässchen. Natürlich gab es auch hier wieder ein paar Souvenirläden. In einen sind wir reingewandert, eigentlich nur um uns ein wenig umzusehen. Leider wurden wir recht schnell wieder vergrault. Meine Freundin blätterte zirka 10 Sekunden in einem Buch zum Thema Burgen am Rhein um zu sehen, ob es denn kaufenswert ist. Da wurde sie schon so von den beiden Verkäufern bedrängt, dass sie keine Lust mehr hatte etwas zu kaufen. War scheinbar ziemlich unverschämt von ihr, das sie sich das Buch erst ansehen wollte bevor sie Geld dafür ausgibt. Ts ts ts, so geht das aber auch nicht. Tja, eigentlich hat ihr das Buch gefallen, aber nach der unfreundlichen Behandlung hat sie verzichtet.
Neben der Kirche führt ein Wanderweg den Berg hinauf, der letztendlich wieder zu Burg Stahleck führt. Auf halbem Wege liegt aber die Ruine einer alten Kapelle, die wir uns näher ansehen wollten. Die Wernerkapelle sieht aus wie eine halbe Kirche, bei der die Erbauer irgendwann die Lust verloren haben weiterzubauen. Irgendwie interessant und der Teil, der noch steht sieht eigentlich auch recht gut aus.
Langsam wurde es Abend und wir schlugen den Rückweg nach Bingen ein.
Das spätsommerliche Wetter war sehr reizvoll und wir hatten Lust am Sonntag eventuell ein paar Stündchen schwimmen zu gehen. Bingen verfügt über ein beheiztes Freibad und das wollten wir uns an diesem Abend noch schnell ansehen. Hauptsächlich um raus zu finden, ob es überhaupt noch offen ist. Das Bad liegt ein ganzes Stückchen den Berg rauf, zwischen Weinbergen und einem Wäldchen und bietet einen schönen Blick über Bingen und den Rhein. Sah sehr ansprechend aus und es hatte sogar am folgenden Tag noch geöffnet.
Abends in unserem kleinen Doppelzimmer zappten wir ein wenig durch die verschiedenen Fernsehsender und blieben bei einem der dritten Programme hängen. Hier gab's einen größeren Bericht zum Thema Burgen. Lustigerweise konnten wir bei den meisten vorgestellten Burgen sagen "Da waren wir schon!" Hauptthema war natürlich die Marksburg, da auch Leute vom Burgenverein im Studio zu Gast waren. Aber auch viele andere wurden gezeigt und so haben wir auch ein bisschen mehr von den Burgen gesehen, bei denen wir einen persönlichen Besuch nicht mehr geschafft haben. Sehr interessant und eine gute Ergänzung zu unserem Urlaub, als hätten's die Fernsehleute gewusst.
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